Aus dem Kölner Stadt Anzeiger vom 24. Juni 2003
Alhambra stammt aus Troisdorf
von Thomas Wüpper


Paläste bauen in Zeiten der Konjunkturkrise: "Alhambra" vom Aachener Dirk Henn ist 2003 das "Spiel des Jahres".

Berlin - Die Spielbranche hat zum 25. Mal ihre Favoriten gekürt. Mit "Alhambra" von Dirk Henn, das im Verlag "Queen Games" aus Troisdorf bei Köln erscheint, erhält ein Sammel- und Legespiel für die ganze Familie die weltweit wichtigste Auszeichnung zum „Spiel des Jahres“. Als bestes Kinderspiel darf "Viva Topo!" mit dem verkaufsfördernden Titel werben. Bei "Alhambra" geht es um den Bau eines islamischen Palastes, dessen Original im spanischen Granada vor mehr als 1000 Jahren errichtet wurde. Die nötigen Gebäudeteile müssen die Mitspieler zuerst besorgen. Sieger ist, wer am Ende den prächtigsten Palast besitzt. Die zehnköpfige Jury lobt das Spiel wegen seines einfachen Einstiegs, des logischen Ablaufs und seiner taktischen Varianten. "Alhambra" entführe in eine fremde Welt und verführe Menschen zum Spielen, was gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise wichtig sei, betonte Jury-Sprecher Synes Ernst, im Hauptberuf politischer Redakteur in der Schweiz.

Das „Spiel des Jahres“ wird seit 1979 von einer Fachjury gekürt. Erster Preisträger war der Klassiker "Hase und Igel". Zum erfolgreichsten Titel avancierte das Lege- und Taktikspiel "Die Siedler von Catan". Der Stuttgarter Kosmos-Verlag hat von dem 1995 ausgezeichneten Basis-Spiel mehr als 3,3 Millionen Exemplare und außerdem über 3,7 Millionen Ergänzungen abgesetzt. Bundespräsident Johannes Rau würdigt den Kritikerpreis zum Jubiläum als Orientierungshilfe für Verbraucher und als "Qualitätssiegel", das für "gute, spannende und oft auch lehrreiche Unterhaltung" bürge. Es werde von einer Jury vergeben, die auf Neutralität und Unabhängigkeit achte. Die deutsche Spielebranche ist stark mittelständisch strukturiert. Neben den Verlagen Ravensburger und Kosmos leben knapp zwei Dutzend kleinere Hersteller vom Spieleverkauf, hinzu kommen noch mal so viele Ein- oder Zwei-Mann-Firmen. Auch der diesjährige Gewinner "Queen Games" beschäftigt gerade einmal fünf Mitarbeiter, gehört aber mit bereits sieben Nominierungen auf den Jahres-Bestenlisten der Jury zu den angesehensten Anbietern. Queen Games entstand vor elf Jahren aus einer Firma, die der Inder Rajive Gupta gegründet hatte, um "Carrom", das traditionsreiche Nationalspiel seiner Heimat, hierzulande auf den Markt zu bringen. Der Erfolg ermöglichte ihm die Gründung des eigenen Spieleverlags. Die Auszeichnung zum „Spiel des Jahres“ erhöht die Verkaufschancen gewaltig. Branchenexperten gehen davon aus, dass sich ein gekürtes Spiel mindestens 100 000-mal, in der Regel eher 250 000-mal verkauft. Das liegt auch daran, dass der Handel das „Spiel des Jahres“ oft sehr lange vorrätig hat, während andere Titel oft per Sonderangebot nach einigen Monaten abverkauft und teils auch verschleudert werden.

Startauflage reicht nicht

"Alhambra" ist, wie in der Branche oft üblich, mit einer Startauflage von 10 000 Exemplaren in den Handel gekommen. In den nächsten Tagen werde man umfangreiche Produktionsaufträge erteilen, um der erwarteten hohen Nachfrage gerecht werden zu können, sagte Bernd Dietrich von Queen Games. Der Verlag hat bisher rund 20 Gesellschaftsspiele im Angebot und arbeitet seit Jahren mit dem freien Spieleautor Dirk Henn zusammen, der in Aachen auch einen eigenen kleinen Verlag namens "db Spiele" besitzt.

Auf die begehrte Nominierungsliste zum „Spiel des Jahres“ schafften es neben "Alhambra" noch "Clans" vom Verlag Winning Moves und "Die Dracheninsel" von Amigo. Neben dem "Kinderspiel des Jahres" - "Viva Topo!" von Selecta - waren auch "Lauras Sternenspiel" (Amigo) und "Robbys Rutschpartie" (Kosmos) nominiert.