Der „Brexit“ – Auswirkungen auf Unionsmarken und Lizenzverträge

BRANDORA Professionals: Expertenbeitrag aus dem BRANDORA Netzwerk - Februar 2017

 

 

von Dr. Mischa Dippelhofer, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter der Universität des Saarlandes

Der „Brexit“ kommt!

In einem Referendum am 23. Juni 2016 stimmten 51.8 % der teilnehmenden Briten für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Mit diesem Referendum war der Austritt allerdings weder wirksam geschlossen, noch erklärt. Nach Art. 50 Abs. 1 EU-Vertrag muss Großbritannien nach seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften einen Austrittsbeschluss fassen und dies der EU-Kommission mitteilen. Da Großbritannien keine geschriebene Verfassung hat, war zunächst umstritten, ob die Regierung den Austrittsbeschluss selbst fassen kann oder der Zustimmung des Parlamentes oder gar der Regionalparlamente bedarf. Am 24. Januar 2017 entschied der Supreme Court, dass der Austrittsbeschluss durch das britische Parlament (Oberhaus und Unterhaus) erfolgen muss, allerdings nicht der Zustimmung der Regionalparlamente bedarf.

Am 8. Februar 2017 verabschiedete das britische House of Commons mit großer Mehrheit in dritter Lesung ein Gesetz, das die Regierung ermächtigt, den Austritt aus der EU zu erklären. In der zweiten Parlamentskammer, dem House of Lords, wird das Gesetz seit dem 20. Februar behandelt, kann dort aber nicht mehr verhindert werden. Damit kann es nun als sicher gelten, dass der Austritt aus der EU erklärt werden wird. Als Zeitpunkt ist Ende März 2017 vorgesehen. Ab der Austrittserklärung ist in Art. 50 EU-Vertrag eine Verhandlungsfrist von 2 Jahren vorgesehen, um die weiteren vertraglichen Beziehungen Großbritanniens mit der EU nach dem Austritt zu regeln. Der Austritt erfolgt nach Ablauf der Frist, auch wenn keine Einigung über solche Verträge erfolgt. Großbritannien wird also voraussichtlich Ende März 2019 aus der EU austreten.

Auswirkungen auf die Unionsmarke

Einer der Vorzüge der EU im Bereich gewerblicher Schutzrechte ist die Möglichkeit, eine Unionsmarke anzumelden, die auf dem gesamten Gebiet der EU Schutz genießt. Der Austritt Großbritanniens wird jedoch dazu führen, dass Großbritannien künftig nicht mehr zum Gebiet der EU gehört. Daher stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies für bereits bestehende und für künftige Unionsmarken haben wird.

Die Folgen eines Austritts Großbritanniens aus der EU auf Unionsmarken könnten in einem Vertrag über die weiteren rechtlichen Verhältnisse zwischen Großbritannien und der EU geregelt werden. Darin könnte auch die Fortgeltung der Unionsmarkenverordnung auf dem Gebiet von Großbritannien vereinbart werden. Dies erscheint jedoch wenig wahrscheinlich, da die Fortgeltung einer EU-verordnung, auf die Großbritannien nach dem Austritt keinen Einfluss mehr haben wird, auf eine Einschränkung der nationalen Souveränität1 hinauslaufen würde . Wahrscheinlicher erscheint daher, dass eine Regelung getroffen würde, die die bestehenden Unionsmarken für das Gebiet von Großbritannien in nationale Marken umwandelt, die die Laufzeit der EU-Marke übernehmen und später auch wie eine normale britische Marke verlängert werden können2. Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, ein solches Vorgehen ergebe sich aus den Erklärungen der britischen Regierung über die Ziele des geplanten Widerrufs des European Communities Act, der mit Wirksamkeit des Austritts in Kraft treten soll3.

Auch für den Fall, dass vor der Wirksamkeit des Austritts kein Abkommen mit der EU geschlossen wird, würde dieses geplante Gesetz dazu führen, dass Unionsmarken in Großbritannien als nationale Marken weiterhin Schutz genießen4. Es ist nicht zu erwarten, dass der Schutz der Unionsmarken für Großbritannien einfach ersatzlos entfällt, denn das wäre eine Verletzung von Eigentumsrechten. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass unmittelbar mit dem Austritt Handlungsbedarf besteht. Lediglich bei der künftigen Verlängerung der Marken wird sich der Aufwand erhöhen, da neben der EU-Marke auch die britische Marke verlängert werden muss.

Entgegen der Empfehlungen einiger Anwaltskollegen5 dürfte es übertrieben sein, bereits jetzt neben bestehenden Unionsmarken britische Marken anzumelden. Denn noch gilt der Schutz der Unionsmarke auch im Vereinigten Königreich, sodass aus der Unionsmarke gegen kollidierende Neuanmeldungen vorgegangen werden kann. Dieser Schutz wird sich sehr wahrscheinlich in einer nationalen britischen Marke fortsetzen lassen. Eine zusätzliche, jetzt neu angemeldete Marke wäre dann überflüssig.

Auswirkungen auf Lizenzverträge und Vertriebsverträge

Lizenz- und Vertriebsverträge enthalten in der Regel territoriale Begrenzungen. Werden in der entsprechenden Vertragsklausel die Territorien von konkreten EU-Mitgliedsstaaten genannt, z. B. Deutschland und Großbritannien, ergibt sich aus dem Austritt von Großbritannien kein Änderungsbedarf. Nimmt die entsprechende Klausel hingegen auf das Gebiet der EU Bezug, wird sich nach dem Austritt Großbritanniens die Frage stellen, ob dessen Gebiet von dem Lizenzvertrag noch umfasst wird6. In einem solchen Fall sollte die Territorialklausel des Vertrages bis März 2019 unbedingt angepasst werden, um eine klare Regelung zu treffen, ob Großbritannien nach dem Austritt aus der EU noch zum Vertragsgebiet gehören soll oder nicht.

Das einheitliche europäische Handelsvertreterrecht7 ist in britisches Recht umgesetzt8. Es ist nicht zu erwarten, dass sich an der Rechtslage in Großbritannien direkt mit dem Brexit Änderungen ergeben. Allerdings wird sich das Recht in England, Schottland, Wales und Nordirland künftig unabhängig vom Recht der EU weiterentwickeln. Sollen die Verträge weiterhin unter das gemeinsame EU-Recht fallen, sollte daher überprüft werden, ob eine Rechtswahl zugunsten von Deutschland oder einem anderen EU-Staat außer Großbritannien getroffen ist. Wenn nicht, sollte dies bis 2019 nachgeholt werden.

 
Fußnoten:
  1. Ahrens, GRUR-Int. 2016, 548
  2. Ahrens, GRUR-Int. 2016, 548
  3. Kuntz-Hallstein GRUR-Int. 2017, 33
  4. Kuntz-Hallstein GRUR-Int. 2017, 33
  5. Siehe Wieduwilt, „Die Anwälte bekommen nun viel zu tun“, FAZ vom 25.6. 2016, www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/brexit-und-das-recht-die-anwaelte-bekommen-nun-viel-zu-tun-14307060.html
  6. Falter/Rüdel GWR 2016, 475
  7. Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter
  8. Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993. Statutory Instruments number 3053 of 1993