Bundesgerichtshof versagt LEGO den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für das Klemmbaustein-System

Brandora News
BGH - Urteil vom 2. Dezember 2004


Der u.a. für das Wettbewerbs-, Geschmacksmuster- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember über die Frage entschieden, ob für ein aus Klemmbausteinen bestehendes Spielzeugsystem ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof hatte in zwei Entscheidungen aus den Jahren 1964 und 1992 einen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz speziell für die LEGO-Klemmbausteine unter dem Gesichtspunkt des „Einschiebens in eine fremde Serie“ bejaht und damit Konkurrenten untersagt, Bausteine zu vertreiben, die mit LEGO-Bausteinen kompatibel sind. Diese Rechtsprechung ist zunehmend auf Kritik gestoßen. Landgericht und Berufungsgericht hatten einen solchen wettbewerbsrechtlichen Schutz weiterhin bejaht. Der Bundesgerichtshof ist dem entgegengetreten: Er hat die kritischen Stimmen aufgegriffen und im Streitfall einen solchen wettbewerbsrechtlichen Schutz verneint.

Eine abschließende Beurteilung, ob die Fallgruppe des „Einschiebens in eine fremde Serie“ im aktuellen Wettbewerbsrecht noch ihre Berechtigung habe, hat der Senat nicht vorgenommen. Die Klage der englischen Best Lock Ltd. war auch auf Geschmacksmuster- und Markenrecht gestützt. Das neue, auf Gemeinschaftsrecht basierende Markenrecht eröffnet einen Schutz für die Form der Ware als Marke. LEGO hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Formmarke für den Klemmbaustein eintragen lassen. Das Berufungsgericht hatte – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – über den daraus hergeleiteten Schutz bislang nicht entschieden. Dieses wird es nunmehr noch nachzuholen haben.

"Best Lock - und damit alle Hersteller von LEGO-kompatiblen "Klemmbausteinen" - so auch wir, die Firma Mega Bloks, haben vergangene Woche einen wichtigen Prozeß gewonnen. Wir gehen fest davon aus, daß die in Kürze noch anstehende Entscheidung zur Eintragung einer dreidimensionaler Marke zu "unser aller" Gunsten entschieden wird - ein großer Schritt dahin wurde mit diesem Urteil bereits gemacht. Wir freuen uns sehr über diese Entscheidung!" so Sven Marquart, Geschäftsführer Deutschland von Mega Bloks Europe.

Poul Hartvig Nielsen, Chefsyndikus von LEGO zum Urteil: "Wir werden uns weiterhin bemühen die Geschäftsinteressen durch unsere Marken-, Patent-, Muster, Urheber- und weiteren geistigen Eigentumsrechte zu schützen, wie wir es bereits in der Vergangenheit getan haben. Außerdem ist es für uns elementar wichtig, dass wir in der Lage sind unsere Kunden vor Nachahmungen zu schützen, die nur darauf abzielen Verwirrung zu stiften."

Zum Hintergrund

Mega Bloks und Best Lock vertreiben Konstruktionsspielzeug aus Klemmbausteinen und weiteren Elementen, das mit dem weltbekannten LEGO- und DUPLO-Spielzeug verbaubar ist. LEGO sieht darin eine Wettbewerbs-, Marken- sowie Geschmacksmusterrechtsverletzung und klagt auf Unterlassung und Auskunft über den Umfang der Handlungen sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht. In vielen Ländern werden die wesentlich preiswerteren aber LEGO-kompatiblen Produkte von Best Lock und vor allem Mega Bloks bereits äußerst erfolgreich vertrieben.

Nach dem Urteil des BGH ist der mit dieser Fallgruppe verbundene Innovationsschutz des Klemmbaustein-Systems nach nunmehr rund 50 Jahren unbehinderter Marktpräsenz von LEGO nicht mehr gerechtfertigt. Die Karlsruher Richter müssen nun noch über den aus dem neuen Markenrecht hergeleiteten Schutz der Formmarke entscheiden. Im Hinblick auf die Entwicklung des Wettbewerbsrechts im Raum der Europäischen Gemeinschaft wäre ein abschließendes Urteil, das den Mitbewerbern auch den deutschen Markt öffnet, nur folgerichtig.

Bereits Ende Oktober hatte der Bundesgerichtshof in einem jahrelang währenden Streit zwischen SIMBA und Mattel um die Schützbarkeit von Spielthemen zu Gunsten von Simba Toys entschieden (Wir berichteten). Das Urteil, hatte den Versuch von Mattel zunichte gemacht, Spielthemen für seine Produktlinie Barbie zu monopolisieren. Mattel hatte versucht Spielthemen als alleinig für sich nutzbar durchzusetzen und für Simba Toys Produktlinie Steffi Love ein Verbot von Spielthemen wie z. Bsp. Tierärztin oder Bäckerin zu erstreiten.