Spiel des Jahres

aus: www.spiel-des-jahres.com

„Spiel des Jahres“ wird 25 Jahre alt

von Dr. Synes Ernst
1.Vorsitzender „Spiel des Jahres“

Der Kritikerpreis „Spiel des Jahres“ feiert seinen 25. Geburtstag. Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 hat die weltweit einzigartige Institution die Entwicklung des Spiels und des Spielens im deutschsprachigen Europa entscheidend mitgeprägt.

Die Branche ist sich einig: Spiel des Jahres ist die wirkungsvollste PR-Offensive für das Spiel überhaupt. Seit einem Vierteljahrhundert verbreitet der mit dem Kritikerpreis ausgezeichnete Titel Jahr für Jahr hunderttausendfach die Botschaft, wie schön und wertvoll das Spielen überhaupt sein kann.

Ein derart gewaltiges Echo hatten sich die neun Spielekritiker kaum zu erhoffen gewagt, als sie 1978 ihre Initiative „Spiel des Jahres“ starteten. Mussten sie zuerst noch um Anerkennung sowohl in der Branche als auch bei den Spielerinnen und Spielern kämpfen, wird jetzt die Wahl und Bekanntgabe der jeweiligen Preisträger von den betroffenen und interessierten Kreisen mit Spannung erwartet. Fanden die ersten Preisverleihungen im Rahmen von Familienspielabenden in Essen statt, ist der Gala-Abend in Berlin heute das gesellschaftliche Grossereignis in der Branche. Entsprechend gewachsen ist auch die Aufmerksamkeit, mit welcher die Medien die Entscheide der Jury beobachten.

Diese Entwicklung ist erfreulich, und es erfüllt die heute zehn Mitglieder zählende Jury mit Stolz, dass die Verleihung des „kleinsten Kulturpreises“ für Millionen von Spielbegeisterten im deutschsprachigen Europa eine wichtige Entscheidungshilfe geworden ist. Der Erfolg war nur möglich, weil die Jury seit Beginn ihre Unabhängigkeit von der Branche bewahrt und ihr ursprüngliches Ziel nie aus den Augen verloren hat, nämlich die Förderung des Spielens in Familie und Gesellschaft und des Spiels als Kulturgut. Heute zahlt sich aus, dass sie ihren Weg beharrlich und kontinuierlich gegangen und sich dabei erfolgreich gegen zeitgeistige Modeströmungen gewehrt hat. Wo es im Hinblick auf ihr Ziel jedoch sinnvoll war, hat sich die Jury weiter entwickelt, so in der Professionalisierung ihres Auftritts, in der Verbesserung ihrer Strukturen und last, but not least, in der Schaffung eines neuen Hauptpreises „Kinderspiel des Jahres“.

Die breit anerkannte Kompetenz der Jury ruht seit je auf zwei Säulen: erstens auf den individuellen Fachkenntnissen der einzelnen Mitglieder und zweitens auf der engen Zusammenarbeit mit dem Deutschen Spiele-Archiv, das als Geschäftsstelle von Spiel des Jahres dient. Da alle Vereinsmitglieder ihre Aufgabe als Spielekritikerin und –kritiker nur nebenberuflich ausüben, wäre die immer aufwändiger werdende Arbeit in der Jury ohne die fachlich-kompetente Unterstützung durch eine Institution, die sich an den gleichen Zielen orientiert, gar nicht möglich.

Die Spielelandschaft hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert massiv verändert: Die Idee zur Gründung von Spiel des Jahres war in einem Umfeld entstanden, das wesentlich von der angelsächsischen Kultur des Erwachsenen- und Gesellschaftsspiels geprägt war. 25 Jahre später blicken die Spielefreaks in England, den USA, aber auch in Frankreich und Italien mit Neid auf die Entwicklung in Deutschland. Während andernorts die Spielkultur praktisch am Boden liegt, bringen die Verlage hier zu Lande jedes Jahr Dutzende von anspruchsvollen Titeln auf den Markt. Daneben beweisen eine ganze Reihe von Publikumsveranstaltungen wie in Essen, Stuttgart, München, Wien, St. Gallen und Bern sowie Treffen von Spielautoren in Göttingen und Haar, dass die Spieleszene im deutschsprachigen Europa lebt.

Ohne Spiel des Jahres wäre eine solche Entwicklung nicht denkbar. Mit ihren Entscheiden setzt die Jury Massstäbe. Wer die Auszeichnung Spiel des Jahres oder „Kinderspiel des Jahres“ erringen will – egal ob Autor oder Verlag –, muss Überdurchschnittliches leisten, was zur Steigerung der Qualität beiträgt. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich Qualität auch wirtschaftlich lohnt: So sind „Die Siedler von Catan“ und „Carcassonne“, beide mit dem Titel Spiel des Jahres ausgezeichnet, mittlerweile zu Klassikern geworden und haben Millionen von Menschen aller Generationen für das Spiel ganz allgemein gewonnen.

Die Spielkultur ist, obwohl weltweit einzigartig, gefährdet. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise, der Strukturveränderung im Handel, dem Vormarsch der elektronischen Spiele sowie der immer stärker werdenden Konkurrenz unter den Freizeitmedien und –aktivitäten neigen Verlage dazu, vermehrt Titel auf den Markt zu bringen, die sich möglichst rasch und mit einem Minimum an Werbung verkaufen. Kulturelle Überlegungen spielen in einem solchen Fall eine untergeordnete Rolle.

Die Mission von Spiel des Jahres geht deshalb mit dem Jubiläum nicht zu Ende. Der Verein wird sich auch in Zukunft weiter dafür engagieren, dass das Spiel in Familie und Gesellschaft an Stellenwert gewinnt. Dazu braucht es noch eine Menge Überzeugungsarbeit in Verlagen, in den elektronischen und gedruckten Medien, beim Publikum. Die Jury leistet sie im Bewusstsein, dass eine Gesellschaft, die menschlich sein will, ohne Spiel nicht auskommt.